Niedersachsen-Eklat

Der Niedersachsen-Eklat ist ein politischer Eklat, der sich im Zuge der Regierungsbildung in Niedersachsen infolge der ersten Landtagswahl in Niedersachsen ereignete. Der Eklat bestand darin, dass die drei niedersächsischen Landesverbände des Forums, der KonP und der Grünen bereits vor der Landtagswahl Koalitionsverhandlungen geführt haben, was von der Sozialdemokratischen Partei kritisiert wurde.

Verlauf

12. April 2020: Anfrage des Forums zur Sondierung einer orange-rot-grünen Koalition

Am Abend des 12. April 2020, dem Tag der Bundestagswahl, lud Christopher Maughstiff, Landesvorsitzender des Forums Niedersachsen, den Landesvorsitzenden der SDP Niedersachsen, Tom Schneider, und den Landesvorsitzenden der Grünen, Indy Miller dazu ein, eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Forum, Grünen und SDP in Niedersachsen auszuloten. Wie sich herausstellte, sollten Sondierungen geführt werden, was Tom Schneider nach einer Rücksprache mit seinem Landesverband mit der Begründung ablehnte, dass es unüblich sei, vor den Wahlen Sondierungen zu führen und sich die SDP deshalb dagegen entschied. Zugleich schloss Schneider Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl nicht aus. In der Zwischenzeit teilte Christoph Maughstiff Tom Schneider mit, dass er beabsichtigen würde, möglicherweise als Ministerpräsident zu kandidieren.

14. April 2020: Pressekonferenz der SDP Niedersachsen

Am 14. April 2020 gab der Landesvorsitzende Tom Schneider in der Parteizentrale der SDP eine Pressekonferenz zur Landtagswahl in Niedersachsen. Bei der Pressekonferenz wurden das Wahlprogramm, der Wahlslogan und die Wahlplakate der SDP Niedersachsen vorgestellt. Zudem stellte die niedersächsische SDP ihren Spitzenkandidaten Tom Schneider vor, der zugleich der Kandidat der SDP für das Ministerpräsidentenamt sei.

19. April 2020: Landtagswahl in Niedersachsen

Bei der Landtagswahl am 19. April gewann die SDP 38% der Wählerstimmen, wurde mit Abstand stärkste Kraft und gewann fünf Sitze im Landtag. Das Forum und die KonP errreichten jeweils 23% und drei Sitze im Landtag. Die Grünen kamen auf rund 15% und erhielten zwei Sitze im Landtag.

20. April 2020: SDP lädt zu Sondierungen

Am 20. April lud Tom Schneider, dessen Partei stärkste Kraft geworden war, nach Rücksprache mit seinem Landesverband sowohl das Forum, als auch die Grünen zu Sondierungsgesprächen ein und teilte diese Entscheidung der SDP Niedersachsen der Presse und der Öffentlichkeit in einer Pressemitteilung mit. Das Forum antwortete zunächst, dass man sich im Landesverband absprechen müsse und dann, dass kein Interesse an einer Zusammenarbeit bestünde. Die Grünen lehnten die Einladung direkt ab.

20. April 2020: Vorstellung des Koalitionsvertrages von Forum, KonP und Grünen

Am Abend des 20. April luden das Forum, die KonP und die Grünen zu einer gemeinsamen Pressekonferenz. Man habe bereits vor der Wahl sondiert und am 20. April einen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Der Bundesvorstand der Grünen reagierte mit einem Schreiben an den Bundesvorstand der SDP und an Tom Schneider, in dem es die Vorgehensweise der niedersächsischen Grünen kritisierte. Der Bundesvorstand sei nicht darüber informiert gewesen, dass die Grünen Niedersachsen bereits vor der Wahl verhandelt hätten und verurteilte deren Vorgehen aufs schärfste.

21. April 2020: Pressekonferenz der Bundes-SDP und der SDP Niedersachsen

Als Reaktion auf die Ereignisse am 20. April luden die SDP Niedersachsen und die Bundes-SDP am Abend des 21. April 2020 zu einer Pressekonferenz ins Willy-Brandt-Haus, in der der Landesvorsitzende der SDP Niedersachsen, Tom Schneider, und der Bundesvorsitzende der SDP, Constantin Nohlen, das Vorgehen von Forum, die KonP und Grünen kritisierten. Dadurch, dass bereits vor der Landtagswahl verhandelt worden sei, seien demokratische Gepflogenheiten umgangen und das Vertrauen der SDP und weiteren Landesparteien in Niedersachsen erschüttert worden. Deswegen werde Tom Schneider trotz der Jamaika-Koalition im Landtag als Ministerpräsident kandidieren. Während vonseiten der Grünen teilweise Verständnis für die SDP und deren Kritik geäußert worden ist, sah die KonP in den Vorgängen bei der Regierungsbildung in Niedersachsen kein Problem. Das Forum äußerte sich nur in Gestalt des niedersächsischen Landesvorsitzenden Christoph Maughstiff, der das Vorgehen verteidigte.

22. April 2020: Die Grünen Niedersachsen entschuldigen sich für das Vorgehen

Am 22. April 2020 verfasste der Landesvorsitzende der Grünen Niedersachsen, Indy Miller, ein Schreiben, in dem er sich für das Vorgehen seiner Landespartei entschuldigte, jedoch klarstellte, dass die Grünen an der Jamaika-Koalition festhielten. Tom Schneider und führende Politiker der SDP akzeptierten die Entschuldigung Millers und kündigten an, an der Wiederherstellung eines guten Verhältnisses mit den niedersächsischen Grünen arbeiten zu wollen.

22. April 2020: Tom Schneider erklärt die Sache für beendet

Am Nachmittag des 22. April 2020 erklärte Tom Schneider, Landesvorsitzender der SDP Niedersachsen auf Twitter, dass das Thema für ihn mit seiner Gegenkandidatur im Landtag beendet sei. Führende Politiker der SDP schlossen sich dem an.

24. April 2020: Christoph Maughstiff wird zum Ministerpräsidenten gewählt und ernennt sein Kabinett

Am 24. April 2020 wurde Christoph Maughstiff mit 6 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt. Tom Schneider erhielt 5 Stimmen. Daraufhin ernannte Maughstiff die erste niedersächsische Landesregierung, das Kabinett Maughstiff I.

Zur Bezeichnung "Niedersachsen-Eklat"

Die Bezeichnung "Niedersachsen-Eklat" stammt von einer Videobotschaft des Fraktionsvorsitzenden der SDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Detlef Sprengberg, die er im Rahmen seiner Kandidatur als Bundespräsident veröffentlichte.