Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes

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Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes
Art Landesgesetz
Geltungsbereich Bayern
Rechtsmaterie Polizei- und Ordnungsrecht
Erlassen am 11. April 2021
Inkrafttreten am 11. April 2021


Das Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes wurde vom Kabinett Holler unter Innenminister Florentin Plötz erarbeitet und dient der Entschärfung des Polizeiaufgabengesetzes.

Im Wortlaut

Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes


vom 1 1 . 0 4 . 2 0 2 1



Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:



§ 1

Änderung des Polizeiaufgabengesetzes


Das Polizeiaufgabengesetz (PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl. S. 397, BayRS 2012-1-1-I), das zuletzt durch § 1 des Gesetzes vom 10. Dezember 2019 (GVBl. S. 691) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:



1. Art. 11 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

"(3) Bedeutende Rechtsgüter sind:

1. der Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,

2. Leben, Gesundheit oder Freiheit,

3. die sexuelle Selbstbestimmung, soweit sie durch Straftatbestände geschützt ist, die im Mindestmaß mit wenigstens drei Monaten Freiheitsstrafe bedroht sind, oder

4. Anlagen der kritischen Infrastruktur.“



2. Art. 14 wird wie folgt gefasst:


"Art. 14

Erkennungsdienstliche Maßnahmen


(1) Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn

1. eine nach Art. 13 zulässige Identitätsfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist,
2. trotz einer nach Art. 13 getroffenen Maßnahme der Identitätsfeststellung Zweifel über die Person oder die Staatsangehörigkeit bestehen,
3. dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil der Betroffene verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht oder
4. dies zur Abwehr einer Gefahr oder für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist.
(2) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind insbesondere
1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrucken,
2. die Aufnahme von Lichtbildern,
3. die Feststellung äußerer körperlicher Merkmale,
4. Messungen.
(3) Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter dem Betroffenen zudem Körperzellen entnehmen und diese zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters molekulargenetisch untersuchen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist und andere erkennungsdienstliche Maßnahmen nicht hinreichend sind.
(4) Die Polizei kann zur Feststellung der Identität einer hilflosen Person oder einer Leiche deren DNA-Identifizierungsmuster abgleichen, wenn die Feststellung der Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. Zu diesem Zweck dürfen
1. der hilflosen Person oder Leiche Körperzellen entnommen,

2. Proben von Gegenständen mit Spurenmaterial einer relevanten Vergleichsperson genommen und

3. auf Anordnung durch den Richter die Proben nach den Nrn. 1 und 2 molekulargenetisch untersucht werden.

Die DNA-Identifizierungsmuster können zum Zweck des Abgleichs in einer Datei gespeichert werden. Die DNA-Identifizierungsmuster sind unverzüglich zu löschen, wenn der Zweck der Maßnahme nach Abs. 1 erreicht ist und soweit sie nicht nach anderen Rechtsvorschriften aufbewahrt werden dürfen.

(5) Ein körperlicher Eingriff darf nur von einem Arzt vorgenommen werden. Die Körperzellen dürfen nur für die molekulargenetische Untersuchung nach Abs. 3 und Abs. 4 verwendet werden. Die molekulargenetische Untersuchung darf sich allein auf das DNA-Identifizierungsmuster, im Falle des Abs. 4 soweit erforderlich auch auf das Geschlecht, erstrecken. Anderweitige Untersuchungen oder anderweitige Feststellungen sind unzulässig. Für die Durchführung der Untersuchungen gilt § 81f Abs. 2 der StPO entsprechend.

(6) Die Körperzellen sind unverzüglich, spätestens einen Monat nach der Untersuchung zu vernichten, es sei denn, sie dürfen nach anderen Rechtsvorschriften aufbewahrt werden oder werden benötigt

1. zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten,
2. zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme, wenn eine solche Überprüfung zu erwarten steht.
Sind die Voraussetzungen nach den Abs. 1, 3 oder 4 entfallen, sind die erkennungsdienstlichen Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(7) Der Betroffene kann festgehalten werden, wenn eine erkennungsdienstliche Maßnahme nach den Abs. 1 bis 4 auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann. Im Falle einer Freiheitsentziehung hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung nach Art. 97 herbeizuführen.“



3. Art. 20 wird wie folgt gefasst:


"Art. 20
Dauer der Freiheitsentziehung

(1) Die festgehaltene Person ist zu entlassen,
1. sobald der Grund für die Maßnahme der Polizei weggefallen ist,

2. wenn die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung für unzulässig erklärt wird,
3. in jedem Fall spätestens bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen, wenn

nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung angeordnet ist.
(2) In der richterlichen Entscheidung ist die höchstzulässige Dauer der Freiheitsentziehung zu bestimmen. Sie darf jeweils nicht mehr als einen Monat betragen und kann insgesamt nur bis zu einer Gesamtdauer von zwei Monaten verlängert werden."



4. Art. 29 wird aufgehoben.



5. Art. 32 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 durch "Art. 11 Abs. 3" gestrichen.
b) Die Sätze 2 bis 4 werden aufgehoben.


6. Nach Art. 32 wird folgender Art. 32a eingefügt:


"Art. 32a
Molekulargenetische Untersuchung bei Spurenmaterial unbekannter Herkunft


(1) Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter personenbezogene Daten durch molekulargenetische Untersuchung aufgefundenen Spurenmaterials unbekannter Herkunft erheben, wenn dies zur Gefahrenabwehr (Art. 2 Abs. 1) erforderlich ist. Die molekulargenetische Untersuchung darf nur zum Zwecke der Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters, des Geschlechts, der Augen-, Haar- und Hautfarbe und des biologischen Alters des Spurenverursachers durchgeführt werden. Andere Feststellungen als die in Satz 2 genannten dürfen nicht getroffen werden. Hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig. Für die Durchführung der Untersuchung gilt Art. 14 Abs. 5 Satz 5 entsprechend.
(2) Die DNA-Identifizierungsmuster können in einer Datei gespeichert werden. Die DNA-Identifizierungsmuster sind unverzüglich zu löschen, wenn der Zweck der Maßnahme nach Abs. 1 erreicht ist und soweit sie nicht nach anderen Rechtsvorschriften aufbewahrt werden dürfen. Art. 63 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend."



7. Art. 33 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 3 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Satz 3 wird folgender Satz 4 eingefügt:

"Der Einsatz von körpernah getragenen Aufzeichnungsgeräten in Wohnungen ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt wurde."

bb) Die bisherigen Sätze 4 und 5 werden die Sätze 5 und 6

c) Abs. 5 wird wie folgt gefasst:

"(5) Bei Maßnahmen nach den Abs. 1 bis 3 dürfen Systeme zur automatischen Erkennung und Auswertung von Mustern bezogen auf Gegenstände einschließlich der automatischen Systemsteuerung zu diesem Zweck verwendet werden, soweit dies aufgrund entsprechender Erkenntnisse zur Abwehr von Gefahren für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist."

d) Abs. 8 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen und daraus gefertigte Unterlagen sind spätestens zwei Monate nach der Datenerhebung zu löschen oder zu vernichten, soweit diese unrechtmäßig angefertigt wurden und nicht benötigt werden zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten.



8. Art. 34 wird wie folgt geändert:

In Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter "in Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 “ durch die Angabe "Art. 11 Abs. 3" ersetzt.



9. Art. 35 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nach den Wörtern "Polizei kann" die Wörter "auf Anordnung durch den Richter" eingefügt.

bb) In Nr. 1 werden die Wörter "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 5" durch

die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Nr. 1, 2 oder Nr. 4" ersetzt.

b) Abs. 2 wird aufgehoben.

c) Abs. 3 wird Abs. 2.

d) Abs. 4 wird Abs. 3 und Satz 2 wird wie folgt gefasst: "In Eilfällen kann es diese Befugnis auf die Polizei übertragen."

e) Abs. 5 wird Abs. 4 und in Satz 1 wird die Angabe "Abs. 4 Satz 2" durch die Angabe "Abs. 3 Satz 2" ersetzt.

f) Abs. 6 wird Abs. 5



10. Art. 39 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 wird wie folgt neugefasst:

"(1) Die Polizei kann durch den offenen Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme bei Vorliegen entsprechender Lageerkenntnisse in den Fällen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung erfassen. Das gilt im Fall des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a jedoch nur bei einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut und im Fall des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 bei Durchgangsstraßen nur, soweit Europastraßen oder Bundesfernstraßen betroffen sind. Zulässig ist der Abgleich der Kennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen, die erstellt wurden
1. über Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen,
a) die durch Straftaten oder sonst abhandengekommen sind oder
b) hinsichtlich derer auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie bei der Begehung von Straftaten benutzt werden,
2. über Personen, die ausgeschrieben sind
a) zur polizeilichen Beobachtung, gezielten Kontrolle oder verdeckten Registrierung,
b) aus Gründen der Strafverfolgung, Strafvollstreckung, Auslieferung oder Überstellung,
c) zum Zweck der Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen,
d) wegen gegen sie veranlasster polizeilicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr."

b) Folgender Abs. 2 wird eingefügt:

"Auf Anordnung durch den Richter können automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme, soweit die in Abs. 1 genannten Anforderungen erfüllt sind, verdeckt eingesetzt werden. wenn dies zur Gefahrenabwehr (Art. 2 Abs. 1) erforderlich ist."

c) Abs. 2 und 3 werden zu Abs. 3 und 4.

d) Bisheriger Abs. 3 Satz 1 wird wie folgt neugefasst:

"Die nach Abs. 1 erfassten Kennzeichen sind nach Durchführung des Datenabgleichs unverzüglich und spurenlos zu löschen, soweit nicht ein Kennzeichen in den abgeglichenen Fahndungsbeständen oder Dateien enthalten ist."



11. Art. 41 wird wie folgt geändert:

In Abs. 1 Satz 1 werden nach den Wörtern "Polizei kann" die Wörter "auf Anordnung durch den Richter“ eingefügt und die Wörter "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 5" durch die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Nr. 1, 2 oder Nr. 4" ersetzt.



12. Art. 42 wird wie folgt geändert:

a) In Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 werden die Wörter "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 5" durch die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Nr. 1, 2 oder Nr. 4" ersetzt und nach den Wörtern "Polizei kann" die Wörter "auf Anordnung durch den Richter“ eingefügt

b) In Abs. 2 Satz 1 im Satzteil vor Nr. 1 werden nach den Wörtern "Telekommunikation darf" die Wörter "auf Anordnung durch den Richter" eingefügt.

c) In Abs. 3 Satz 1 im Satzteil vor Nr. 1 werden nach den Wörtern "Polizei kann" die Wörter "auf Anordnung durch den Richter" eingefügt.

d) In Abs. 4 Satz 1 wird die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2" durch die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Nr. 2" ersetzt und nach den Wörtern "Polizei kann" werden die Wörter "auf Anordnung durch den Richter" eingefügt.
e) Abs. 5 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr.1, 2 oder Nr. 5" durch die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Nr. 1,2 oder Nr. 4" ersetzt nach den Wörtern "Polizei kann" werden die Wörter "auf Anordnung durch den Richter" eingefügt.

bb) In Satz 3 werden nach den Wörtern "Voraussetzungen des Satzes 2 darf" die Wörter "auf Anordnung durch den Richter" eingefügt.



13. Art. 45 wird wie folgt geändert:

In Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 werden die Wörter "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 5" durch die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Nr. 1, 2 oder Nr. 4" ersetzt.



14. Art. 46 wird wie folgt geändert:

In Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter "Art. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 5" durch die Angabe "Art. 11 Abs. 3 Nr. 1, 2 oder Nr. 4" ersetzt.



§ 2

Inkrafttreten


Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.