vB-Wiki:Gesetzesarchiv/Verordnung zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren

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Verordnung zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren
Kurztitel Antibiotikareduzierungsverordnung
Abkürzung AntibRedV
Art Bundesrechtsverordnung
Geltungsbereich Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie Gesundheitsrecht
Erlassen am 13. Juni 2020
Inkrafttreten am 13. Juni 2020



Das Gesetzesarchiv/Verordnung zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren (kurz AntibRedV), auch Antibiotikareduzierungsverordnung, wurde am 13. Juni 2020 vom Bundeslandwirtschaftsminister Sebastian Fürst erlassen, nachdem diese die Zustimmung des Bundesrates erfahren hat. Sie sieht die allgemeine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes, insbesondere des Reserveantibiotikaeinsatzes bei Tieren und dabei ein grundsätzliches Verbot der Antibiotikaprophylaxe und strenge Beschränkungen für die Antibiotikametaphylaxe vor.

Im Wortlaut

Verordnung zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren

(Antibiotikareduzierungsverordnung - ResAntibRedV)


Vom 13.06.2020

Es verordnet das Bundesministerium für Umwelt, Energie, Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft auf Grund des § 56a Absatz 3 Nummern 1, 3 und 5 sowie des § 58 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Artikel 0 des Gesetzes vom 22. März 2020 (BGBl. I S. 604) geändert worden ist, :

Artikel 1


Verbot der Antibiotikaprophylaxe


(1) Die Gabe, das Verschreiben oder das Anordnen von antibakteriell wirksamen Stoffen bei Tieren zu prophylaktischen Zwecken ist vorbehaltlich Absatz 2 verboten.

(2) Besteht aufgrund eines akuten oder drohenden Ausbruchs einer ansteckenden und durch Bakterien ausgelösten Krankheit eine akute Gefahr für das Leben von Mensch oder Tier, so kann der zuständige Tierarzt abweichend von Absatz 1 die prophylaktische Gabe von antibakteriell wirksamen Stoffen bei Tieren anordnen und verschreiben.

(3) Im Falle des Absatz 2 hat der Tierarzt dem zuständigen Gesundheitsamt innerhalb von 72 Stunden Bericht zu erstatten. Der Bericht hat insbesondere zu beinhalten:

  1. den Namen des angeordneten und verschriebenen antibakteriell wirksamen Stoffes;
  2. den Namen der Krankheit oder des Erregers, welcher die akute Gefahr für Leben von Mensch oder Tier darstellt;
  3. die Umstände, die die prophylaktische Gabe des in Nummer 1 angegebenen Stoffes rechtfertigen.

(4) Das zuständige Gesundheitsamt prüft die Angaben des Berichtes des Tierarztes nach Absatz 3 auf Korrektheit und Plausibilität und ergreift gegebenenfalls im Rahmen seiner Kompetenzen weitere Maßnahmen zur Abwehr der akuten Gefahr. Es teilt dem behandelnden Tierarzt innerhalb von 7 Tagen mit, ob die prophylaktische Gabe der antibakteriell wirksamen Stoffe als gerechtfertigt angesehen wird und kann diesen dazu auffordern

  1. die prophylaktische Gabe mit sofortiger Wirkung einzustellen,
  2. die prophylaktische Gabe bis zu einem bestimmten Datum fortzusetzen oder
  3. die prophylaktische Gabe auf unbestimmte Zeit fortzusetzen und bis zu einem bestimmten Datum der Gesundheitsbehörde einen aktualisierten Bericht über die Lage vorzulegen.

Im Falle der Nummer 3 entscheidet das zuständige Gesundheitsamt nach Sichtung des aktualisierten Berichtes nach Maßgabe des Absatz 4 über weitere zu ergreifende Maßnahmen.







Artikel 2

Beschränkung der Antibiotikametaphylaxe



(1) Die Gabe, das Verschreiben oder das Anordnen von antibakteriell wirksamen Stoffen bei Tieren zu metaphylaktischen Zwecken ist vorbehaltlich Absatz 2 verboten.

(2) Besteht aufgrund eines akuten oder drohenden Ausbruchs einer ansteckenden und durch Bakterien ausgelösten Krankheit eine akute Gefahr für das Leben von Mensch oder Tier, so kann der zuständige Tierarzt abweichend von Absatz 1 die metaphylaktische Gabe von antibakteriell wirksamen Stoffen bei Tieren anordnen und verschreiben. Er kann die metaphylaktische Gabe insbesondere im Bereich der Nutztierhaltung zudem anordnen und verschreiben, wenn

  1. ein oder mehrere Tiere einem Stallwechsel unterzogen wurden und ein davon betroffenes Tier innerhalb der letzten zwei Wochen an einer durch Bakterien ausgelösten Krankheit litt oder
  2. ein Tier, das innerhalb der letzten zwei Wochen an einer durch Bakterien ausgelösten Krankheit litt und direkter Kontakt zu einer direkten Kontakt zu weiteren Tieren innerhalb einer Gruppe hatte.

Die Anordnung der metaphylaktische Gabe von antibakteriell wirksamen Stoffen hat im Falle von Nummer 1 oder 2 nur die betroffene Tiergruppe zu betreffen.

(3) Der zuständige Tierarzt kann abweichend von Absatz 2 Nummern 1 und 2 die metaphylaktische Gabe insbesondere im Bereich der Nutztierhaltung auch anordnen und verschreiben wenn ein betroffenes Tier innerhalb der letzen 2 Monate an einer durch Bakterien ausgelösten Krankheit litt und eine Ansteckung weiterer Tiere zum gegebenen Zeitpunkt wahrscheinlich ist.

(4) Der zuständige Tierarzt hat über Anordnung und Verschreibung der metaphylaktische Gabe von antibakteriell wirksamen Stoffen buchzuführen und die Daten für mindestens 10 Jahre zu archivieren. Zu archivieren sind insbesondere folgende Daten:

  1. der Name des angeordneten oder verschriebenen antibakteriell wirksamen Stoffes;
  2. den Namen der Krankheit oder des Erregers, der zur Anordnung oder Verschreibung des Stoffes auf Nummer 1 veranlasst hat;
  3. die Dauer, darunter insbesondere das Datum der ersten und der letzten Gabe, der Antibiotikametaphylaxe mit dem in Nummer 1 angegebenen Stoff;
  4. die Anzahl der von der in Nummer 2 genannten Krankheit oder dem Erreger betroffenen Tiere.

Er hat die Daten auf Aufforderung des zuständigen Gesundheitsamtes offenzulegen.







Artikel 3

Verbot von Humanantibiotika bei Tieren die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen



(1) Die die Gabe, die Anordnung oder die Verschreibung von

a) Cephalosporinen darunter Cefepim und Ceftolozan und

b) Polymyxinen darunter Colistin

bei Tieren, die der Gewinnung von Lebensmittel dienen ist verboten.

(2) Das Bundesministerium für Umwelt, Energie, Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft kann gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung, Forschung und Gesundheit die Aussetzung des Verbotes aus Absatz 1 für längstens 2 Monate beschließen, wenn aufgrund eines akuten oder drohenden Ausbruchs einer ansteckenden und durch Bakterien ausgelösten Krankheit eine akute Gefahr für das Leben von Mensch oder Tier besteht und die Gefahr besteht, dass sich die Krankheit zu einer regionalen oder nationalen Suche ausbreitet. Eine Verlängerung der Aussetzung des Verbotes abweichend von Satz 1 bedarf der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates. Die Aussetzung des Verbotes kann durch Beschluss des Bundesministeriums für Umwelt, Energie, Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft und des Bundesministeriums für Bildung, Forschung und Gesundheit jederzeit vorzeitig beendet werden.

(3) Die Anordnung zur Gabe oder die Verschreibung der Stoffe aus Absatz 1 gemäß der Bestimmungen aus Absatz 2 darf ausschließlich durch einen Tierarzt erfolgen.

(4) Die Anordnung zur Gabe, die Gabe oder die Verschreibung von

a) Amidinopenicilline,

b) Carbapeneme und andere Peneme,

c) Cephalosporine der 5. Generation,

d) Glykopeptide,

e) zyklische Lipopeptide,

f) Monobactame,

g) Oxazolidinone,

h) Carboxylpenicilline und Ureidopenicilline in Kombination mit ß-Lactamase-Inhibitoren,

i) Pseudaminsäure,

j) Riminofenazine,

k) Streptogramine,

l) Sulfone (Sulfonylharnstoffe) und

m) Wirkstoffe, die ausschließlich zur Behandlung von Tuberkulose und anderen mykobakteriellen Erkrankungen verwendet werden

bei Tieren, die der Gewinnung von Lebensmittel dienen ist ausnahmslos verboten.

(5) Eine Streichung eines Wirkstoffes aus aus Absatz 4 bedarf der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates und einer hinreichenden und medizinisch einschlägigen Begründung durch das Bundesministerium für Bildung, Forschung und Gesundheit.







Artikel 4

Strafvorschriften



Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. entgegen Artikel 1 Absatz 1 zu prophylaktischen Zwecken antibakteriell wirksame Stoffe bei Tieren anwendet, anordnet oder verschreibt,
  2. entgegen Artikel 1 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 die prophylaktische Gabe von antibakteriell wirksamen Stoffe nicht einstellt,
  3. entgegen Artikel 2 Absatz 1 zu metaphylaktischen Zwecken antibakteriell wirksame Stoffe bei Tieren anwendet, anordnet oder verschreibt,
  4. entgegen Artikel 3 Absatz 1 die dort genannten Wirkstoffe bei Tieren anwendet, anordnet oder verschreibt,
  5. entgegen Artikel 3 Absatz 3 die Gabe der genannten Wirkstoffe anordnet oder verschreibt oder
  6. entgegen Artikel 3 Absatz 4 die dort genannten Wirkstoffe bei Tieren anwendet, anordnet oder verschreibt.







Artikel 5

Ordnungswidrigkeiten



Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. entgegen Artikel 1 Absatz 3 den Bericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht fristgerecht einreicht,
  2. entgegen Artikel 1 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 den aktualisieren Bericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht fristgerecht einreicht,
  3. entgegen Artikel 2 Absatz 4 Satz 1 und 2 die Archivierung nicht oder nicht richtig vornimmt oder die Daten nicht für den vorgesehenen Zeitraum aufbewahrt oder
  4. entgegen Artikel 2 Absatz 4 Satz 3 die Daten auf Aufforderung des zuständigen Gesundheitsamtes nicht offenlegt.







Artikel 6

Inkrafttreten



Diese Verordnung tritt am 1. August 2020 in Kraft.