vB-Wiki:Gesetzesarchiv/Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung

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Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung
Kurztitel Kindergrundsicherungsgesetz
Abkürzung KGSG
Art Bundesgesetz
Geltungsbereich Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie Sozialrecht
Erlassen am 26. Juni 2020 BGBl. S. 1
Inkrafttreten am 26. Juni 2020



Das Gesetzesarchiv/Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung (kurz KGSG), auch Kindergrundsicherungsgesetz, wurde am 26. Juni 2020 erlassen. Es wurde von Bundessozialministerin Henriette Kaiser auf den Weg gebracht und sieht die Einführung einer Kindergrundsicherung vor.

Im Wortlaut

Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung

(Kindergrundsicherungsgesetz – KGSG)

Vollzitat: "Kindergrundsicherungsgesetz das als Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 2020 (BGBl. S. 1) in Kraft getreten ist"

 

Vom 26. Juni 2020



§ 1

Kinder

(1)    Kinder im Sinne dieses Gesetzes sind

1.       im ersten Grad mit dem Berechtigten verwandte Kinder,

2.       Pflegekinder (Personen, mit denen der Berechtigte durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht),

3.       vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten oder Lebenspartners oder

4.       vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.

(2)    Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen. Ist ein im ersten Grad mit dem Berechtigten verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3)    Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)    Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.       noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder

2.       noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und

a)       ein Studium, eine Berufs- oder Schulausbildung absolviert oder

b)      sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder

c)       eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder

d)      ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder eine Freiwilligenaktivität im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 2018/1475 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Oktober 2018 zur Festlegung des rechtlichen Rahmens des Europäischen Solidaritätskorps sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 und der Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 sowie des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU (ABI. L 250 vom 4.10.2018, S. 1) oder einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016 oder einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Abs. 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 25. Mai 2018 (GMBl S. 545) oder einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes leistet oder

3.       wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)    In den Fällen des Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.       den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat,

2.       sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder

3.       eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,

für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt. Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend. Abs. 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

 

 

§ 2

Anspruchsberechtigte

(1)    Für Kinder im Sinne des § 1 hat Anspruch auf die Kindergrundsicherung, wer

1.       im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder

2.       nach § 1 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und

a)       in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist oder

b)      als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder als Missionar der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder

c)       eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes oder § 20 des Beamtenstatusgesetzes bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt oder

d)      als Ehegatte oder Lebenspartner eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges eines NATO-Mitgliedstaates die Staatsangehörigkeit eines EU/EWR-Mitgliedstaates besitzt und in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2)    Die Kindergrundsicherung für sich selbst, erhält, wer

1.       in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,

2.       Vollwaise ist oder den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt und

3.       nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen ist.

 

 

§ 3

Zusammentreffen mehrerer Ansprüche

(1)    Für jedes Kind wird vorbehaltlich Abs. 4 nur einer Person die Kindergrundsicherung gewährt.

(2)    Erfüllen für ein Kind mehrere Personen die Anspruchsvoraussetzungen, so wird die Kindergrundsicherung derjenigen Person gewährt, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, von einem Elternteil und dessen Ehegatten oder Lebenspartner, von Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, bestimmen diese untereinander den Berechtigten. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten. Antragsberechtigt ist, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung der Kindergrundsicherung hat. Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, wird die Kindergrundsicherung vorrangig einem Elternteil gewährt; sie werden an einen Großelternteil gewährt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)    Ist das Kind nicht in den Haushalt einer der Personen aufgenommen, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, wird die Kindergrundsicherung derjenigen Person gewährt, die dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. Zahlen mehrere anspruchsberechtigte Personen dem Kind Unterhaltsrenten, wird die Kindergrundsicherung derjenigen Person gewährt, die dem Kind laufend die höchste Unterhaltsrente zahlt. Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer die Kindergrundsicherung erhalten soll. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Abs. 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(4)    Im Falle des Abs. 2 Satz 2 können die Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen abweichend von Abs. 1 und 2 vereinbaren, dass die Kindergrundsicherungen beiden Anspruchsberechtigten je zur Hälfte gewährt wird.

§ 4

Andere Leistungen für Kinder

(1)    Die Kindergrundsicherung wird nicht für ein Kind gewährt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.       Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen,

2.       Leistungen für Kinder, die außerhalb Deutschlands gewährt werden und mit der Kindergrundsicherung oder einer der unter Nr. 1 genannten Leistungen vergleichbar sind,

3.       Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und mit der Kindergrundsicherung vergleichbar sind.

Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er in Deutschland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf die Kindergrundsicherung für ein Kind nicht nach Satz 1 Nr. 3 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte oder Lebenspartner als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Gemeinschaften für das Kind Anspruch auf die Kindergrundsicherung hat.

(2)    Ist in den Fällen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Bruttobetrag der anderen Leistung niedriger als die Kindergrundsicherung nach § 8, wird Kindergrundsicherung in Höhe des Unterschiedsbetrages gezahlt. Ein Unterschiedsbetrag unter 10 Euro wird nicht geleistet.

 

§ 5

Antrag und Bescheid

(1)    Die Kindergrundsicherung ist bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu beantragen. Den Antrag kann außer dem Berechtigten auch stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung der Kindergrundsicherung hat.

(2)    Wird der Antrag auf Kindergrundsicherung abgelehnt, ist ein Bescheid zu erteilen

 

§ 6

Besondere Mitwirkungspflichten und Offenbarungsbefugnis

(1)    Wer die Kindergrundsicherung beantragt oder erhält, hat Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich der zuständigen Familienkasse mitzuteilen. Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist auf Verlangen der Familienkasse verpflichtet, an der Aufklärung des für die Kindergrundsicherungszahlung maßgebenden Sachverhalts mitzuwirken; § 101 der Abgabenordnung findet insoweit keine Anwendung.

(2)    Auf Antrag des Berechtigten erteilt die die Kindergrundsicherung auszahlende Stelle eine Bescheinigung über den für das Kalenderjahr ausgezahlte Betrag der Kindergrundsicherung.

(3)    Die Familienkassen dürfen den Stellen, die die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisen, den für die jeweilige Kindergrundsicherungszahlung maßgebenden Sachverhalt durch automatisierte Abrufverfahren bereitstellen oder Auskunft über diesen Sachverhalt erteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung von automatisierten Abrufen nach Satz 1 die Voraussetzungen, unter denen ein Datenabruf erfolgen darf, festzulegen.

(4)    Zur Erfüllung der in § 31a Abs. 2 der Abgabenordnung genannten Mitteilungspflichten dürfen die Familienkassen den Leistungsträgern, die für Leistungen der Arbeitsförderung nach § 19 Abs. 2, für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 19a Abs. 2, für Kindergrundsicherung und Elterngeld nach § 25 Abs. 3 oder für Leistungen der Sozialhilfe nach § 28 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch zuständig sind, und den nach § 9 Abs. 1 Satz 2 des Unterhaltsvorschussgesetzes zuständigen Stellen den für die jeweilige Kindergrundsicherungszahlung maßgebenden Sachverhalt durch automatisierte Abrufverfahren bereitstellen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung von automatisierten Abrufen nach Satz 1 die Voraussetzungen, unter denen ein Datenabruf erfolgen darf, festzulegen.

(5)    Zur Prüfung und Bemessung der in Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe j in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe z der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/492 (ABI. L 76 vom 22.3.2017, S. 13) geändert worden ist, genannten Familienleistungen dürfen die Familienkassen den zuständigen öffentlichen Stellen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union den für die jeweilige Kindergrundsicherungszahlung maßgebenden Sachverhalt durch automatisierte Abrufverfahren bereitstellen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung von automatisierten Abrufen nach Satz 1 die Voraussetzungen, unter denen ein Datenabruf erfolgen darf, festzulegen.

(6)    Die Datenstelle der Rentenversicherung darf den Familienkassen in einem automatisierten Abrufverfahren die zur Überprüfung des Anspruchs auf Kindergrundsicherung nach § 62 Abs. 1a und 2 erforderlichen Daten übermitteln; § 79 Abs. 2 bis 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend. Die Träger der Leistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch dürfen den Familienkassen in einem automatisierten Abrufverfahren die zur Überprüfung des Anspruchs auf Kindergrundsicherung nach § 62 erforderlichen Daten übermitteln. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Voraussetzungen für das Abrufverfahren und Regelungen zu den Kosten des Verfahrens nach Satz 2 festzulegen.

 

§ 7

Datenübermittlung an die Familienkassen

Erfährt das Bundeszentralamt für Steuern, dass ein Kind, für das die Kindergrundsicherung gezahlt wird, ins Ausland verzogen ist oder von Amts wegen von der Meldebehörde abgemeldet wurde, hat es der zuständigen Familienkasse unverzüglich die in § 139b Abs. 3 Nr. 1, 3, 5, 8 und 14 der Abgabenordnung genannten Daten zum Zweck der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bezugs der Kindergrundsicherung zu übermitteln.

 

§ 8

Höhe der Kindergrundsicherung

(1)    Die Kindergrundsicherung beträgt monatlich

1.       pro Kind nach § 2 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Nr. 1 619 Euro,

2.       pro Kind nach § 2 Abs. 4 Nrn. 2 und 3 279 Euro und

3.       im Falle des § 2 Abs. 2 204 Euro.

(2)    Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Familie, Generationen und Gleichstellung richtet eine Kommission zur Evaluation der Höhe der Kindergrundsicherung ein. Die Kommission legt der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat jährlich eine Empfehlung zur Anpassung der Höhe der Kindergrundsicherung auf Grundlage der Entwicklung des aktuellen soziokulturellen Existenzminimums sowie der Inflationsrate vor.

 

 

§ 9

Festsetzung und Zahlung der Kindergrundsicherung

(1)    Die Kindergrundsicherung nach § 8 in Verbindung mit § 2 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. Die Auszahlung der Kindergrundsicherung erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergrundsicherung eingegangen ist. Der Anspruch auf Kindergrundsicherung nach § 2 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)    Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergrundsicherung erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung der Kindergrundsicherung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.

(3)    Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden. Bei der Aufhebung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4)    Das Kindergrundsicherung wird monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen.

(5)    Die Auszahlung des Betrages der Kindergrundsicherung nach § 8 in Verbindung mit § 3 Abs. 4 erfolgt

1.       bei Arbeitnehmern, die nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Anspruch auf die Kindergrundsicherung haben an den Arbeitgeber des Anspruchsberechtigten;

2.       bei Selbstständigen die nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Anspruch auf die Kindergrundsicherung haben an den Anspruchsberechtigen selbst;

3.       bei Anspruchsberechtigten nach § 2 Abs. 2 an den Anspruchsberechtigten selbst.

(6)    Die Auszahlung der Kindergrundsicherung erfolgt unbar auf das Konto der sich aus Abs. 5 ergebenden Personen. Die Auszahlung der Kindergrundsicherung abzüglich der gemäß § 39d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes durch den Arbeitgeber einzubehaltenden Steuer auf die Kindergrundsicherung an den Anspruchsberechtigten nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit
§ 3 und Abs. 5 Nr. 1 durch den Arbeitgeber erfolgt mit der Zahlung des Arbeitsentgelts.

(7)    Die Besteuerung der Kindergrundsicherung erfolgt im Falle des

1.       Abs. 5 Nr. 1 nach Maßgabe des § 39e in Verbindung mit § 39d des Einkommensteuergesetzes.

2.       Abs. 5 Nrn. 2 und 3 nach Maßgabe des § 32e in Verbindung mit § 37 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes.

 

§ 10

Vorläufige Einstellung der Zahlung der Kindergrundsicherung

(1)    Die Familienkasse kann die Zahlung der Kindergrundsicherung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn

1.       sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen, und

2.       die Festsetzung, aus der sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist.

(2)    Soweit die Kenntnis der Familienkasse nicht auf Angaben des Berechtigten beruht, der die Kindergrundsicherung erhält, sind dem Berechtigten unverzüglich die vorläufige Einstellung der Zahlung der Kindergrundsicherung sowie die dafür maßgeblichen Gründe mitzuteilen. Ihm ist Gelegenheit zu geben, sich zu äußern.

(3)    Die Familienkasse hat die vorläufig eingestellte Zahlung der Kindergrundsicherung unverzüglich nachzuholen, soweit die Festsetzung, aus der sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben oder geändert wird.

 

§ 11

Zahlung der Kindergrundsicherung in Sonderfällen

(1)    Die für ein Kind festgesetzte Kindergrundsicherung nach § 8 kann an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergrundsicherungsberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Kindergrundsicherung nach § 8 kann an Kinder bis zur Höhe des Betrags, der sich bei entsprechender Anwendung des § 13 ergibt, ausgezahlt werden. Dies gilt auch, wenn der Kindergrundsicherungsberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergrundsicherung. Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.

(2)    Für Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse gelten die §§ 102 bis 109 und 111 bis 113 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

 

§ 12

Anfechtung

(1)    Mit Ansprüchen auf Erstattung von Kindergrundsicherung kann die Familienkasse gegen Ansprüche auf Kindergrundsicherung bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder im Sinne der Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wird.

(2)    Abs. 1 gilt für die Aufrechnung eines Anspruchs auf Erstattung von Kindergrundsicherung gegen einen späteren Kindergrundsicherungsanspruch eines mit dem Erstattungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berechtigten entsprechend, soweit es sich um laufendes Kindergrundsicherung für ein Kind handelt, das bei beiden berücksichtigt werden kann oder konnte.

 

§ 13

Pfändung

Der Anspruch auf Kindergrundsicherung kann nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes, das bei der Festsetzung der Kindergrundsicherung berücksichtigt wird, gepfändet werden. Gehört das unterhaltsberechtigte Kind zum Kreis der Kinder, für die dem Leistungsberechtigten Kindergrundsicherung gezahlt wird, so ist eine Pfändung bis zu dem Betrag möglich, der bei gleichmäßiger Verteilung der Kindergrundsicherung auf jedes dieser Kinder entfällt.

 

§ 14

Erstattung von Kosten im Vorverfahren

(1)    Soweit der Einspruch gegen die Kindergrundsicherungsfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2)    Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)    Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Abs. 2 notwendig war.

 

§ 15

Zuständigkeit

(1)    Die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur) führt dieses Gesetz nach fachlichen Weisungen des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Familie, Generationen und Gleichstellung durch.

(2)    Die Bundesagentur führt bei der Durchführung dieses Gesetzes die Bezeichnung "Familienkasse".

 

§ 16

Rechtsweg

Für Streitigkeiten nach diesem Gesetz sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig.

 

§ 17

Ordnungswidrigkeiten

(1)    Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.       entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 10 Abs. 1 auf Verlangen nicht die leistungserheblichen Tatsachen angibt oder Beweisurkunden vorlegt,

2.       entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch eine Änderung in den Verhältnissen, die für einen Anspruch auf Kindergeld, Kinderzuschlag oder Leistungen für Bildung und Teilhabe erheblich ist, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt oder

3.       seiner besonderen Mitwirkungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 nicht nachkommt.

(2)    Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

(3)    § 66 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4)    Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die nach § 409 der Abgabenordnung bei Steuerordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden.