Beschluss 3 BvQ 1/20

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Das Oberste Gericht entschied in seinem Beschluss 3 BvQ 1/20 vom 6. Juni 2020, die Verwerfung des Antrages auf einstweilige Anordnung.

Begründet wurde dies damit, da der Antragsteller eine Rechtsfolge beantrage, die im Hauptsacheverfahren und allgemein bei Organstreitverfahren nicht erzielt werden könne. Bei der beantragten Rechtsfolge handelte es sich um die Verpflichtung eines Verfassungsorgans zu einer gewissen Handlung.



Verfahrensbeteiligte

Antragsteller Antragsgegner
Karl Alois von Königsegg 1. Deutscher Bundestag
2. Bundestagspräsident Paul von Habeck
Prozessbevollmächtigte
Engelhardt von Anhalt Robert L. Weiss


Urteil des Obersten Gerichtes

OBERSTES GERICHT


– 3 BvQ 1/20 –


IM NAMEN DES VOLKES



In dem Verfahren

über den Antrag,

im Wege der einstweiligen Anordnung


1. die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die am 30.05.2020 beantragten Anfragen einzubringen.

2. hilfsweise im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragsgegner verpflichtet sind die am 30.05.2020 beantragten Anfragen einzubringen.


Antragsteller: Karl Alois von Königsegg,


- Bevollmächtigter: Engelhardt von Anhalt


hat der 3. Senat des Obersten Gerichtes durch


den Präsidenten Müller,


und den Vizepräsidenten Baumann,


gemäß § 13 Abs. 1 OGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 2020


am 06. Juni 2020 einstimmig beschlossen:


Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden verworfen.


G r ü n d e :


A.


Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Antragsgegner verpflichtet werden, zwei parlamentarische Anfragen des Mitglieds des deutschen Bundestages Karl Alois von Königsegg an die Bundesregierung weiterzuleiten. Er sieht sich in ihrem parlamentarischen Fragerecht dadurch verletzt, dass der Bundestag zwei Anfragen des Abgeordneten zurückgewiesen hat.


I.


1. Die parlamentarische Anfrage ist in den Vorschriften der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. April 2020 geregelt:


㤠13

Kleine Anfragen


(1) Kleine Anfragen richten sich an einen Bundesminister oder den Bundeskanzler. Mit ihnen kann von der Bundesregierung Auskunft über bestimmt bezeichnete Bereiche verlangt werden. Die Fragen sind dem Präsidenten einzureichen, wobei sie keine unsachlichen Feststellungen oder Wertungen enthalten dürfen. Eine kurze Begründung kann angefügt werden.

(2) Der Präsident fordert das betroffene Mitglied der Bundesregierung auf, die Fragen innerhalb von drei Tagen schriftlich zu beantworten. Es kann diese Frist im Einvernehmen mit dem Fragesteller um weitere drei Tage verlängern.

(3) Im Falle der nicht fristgerechten Beantwortung erfolgt eine öffentliche Rüge durch den Präsidenten. Der Bundeskanzler und gegebenenfalls der betreffende Minister werden von ihm zeitgleich dazu aufgefordert, vor dem Plenum eine Erklärung zu dem Sachverhalt abzugeben.

(4) Nachfragen an die anwesenden Bundesminister, die innerhalb der Frist durch Mitglieder des Bundestages gestellt werden, sind zulässig. Nachfragen dürfen keinen weiteren Themenbereich umfassen.

(5) Der Fragesteller hat die Möglichkeit, für Nachfragen eine Fristverlängerung zu beantragen



§ 14

Große Anfragen


(1) Große Anfragen richten sich an mehrere Bundesminister oder die Bundesregierung im Ganzen. Sie sind dem Präsidenten einzureichen. Sie müssen kurz und bestimmt gefasst sein und können mit einer kurzen Begründung versehen werden.

(2) Der Präsident fordert die betroffenen Bundesminister oder die Bundesregierung als Ganzes über das Bundeskanzleramt dazu auf, die Fragen innerhalb von fünf Tagen zu beantworten und dazu vor dem Bundestag zu erscheinen. Er kann die Frist im Einvernehmen mit dem Fragesteller um weitere zwei Tage verlängern. Nachfragen an die anwesenden Bundesminister, die innerhalb der Frist durch Mitglieder des Bundestages gestellt werden, sind zulässig. Nachfragen dürfen keinen weiteren Themenbereich umfassen.

(3) Im Falle der nicht fristgerechten Beantwortung erfolgt eine öffentliche Rüge durch den Präsidenten. Der Bundeskanzler und der betreffende Minister werden von ihm zeitgleich dazu aufgefordert, vor dem Plenum eine Erklärung zu dem Sachverhalt abzugeben.

(4) Der Fragesteller hat die Möglichkeit, für Nachfragen eine Fristverlängerung zu beantragen.“


1. Am 30. Mai 2020 stellte der Antragsteller sowohl eine kleine als auch eine große Anfrage an Mitglieder der Bundesregierung:


„Große Anfrage [in Auszügen]

des Abgeordneten Karl Alois von Königsegg und Fraktion der Nationalen Partei

Weiche Dämon: Fragen bzgl. der Personalplanung der Bundesregierung

Ich frage den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland:

1. Wann gedenken Sie sich dem Willen des deutschen Volkes zu beugen und Ihr Amt nieder zu legen?

2. Würden Sie Ihre bisherigen Amtshandlungen als volkszersetzend bezeichnen? (bitte begründen)

3. Würden Sie Ihre bisherigen Amtshandlungen als schädlich für die Volksgemeinschaft bezeichnen? (...)“

und

„Kleine Anfrage

des Abgeordneten Karl Alois von Königsegg und Fraktion der Nationalen Partei

Besetzt - Fremd im eigenen Land?

Wir fragen den Bundesminister (w) für Inneres, Bau und Digitales:

1. Wie hoch ist aktuell der Ausländeranteil im gesamten Bundesgebiet? (bitte nach Land stichpunktartig aufschlüs- seln)

2. Wie hoch ist die Kriminalitätsrate bei den in Deutschland ansässigen fremdländischen Individuen? (bitte nach Land stichpunktartig aufschlüsseln)

3. Wie hoch ist die Mordrate unter den in Deutschland ansässigen fremdländischen Individuen?

4. Wie hoch ist die Vergewaltigungsrate unter den in Deutschland ansässigen fremdländischen Individuen?

5. Wie viele Bundesdeutsche kommen aktuell auf einen fremdländischen Geduldeten? (Einwohnerdichte)

6. Wie viele fremdländische Individuen gehen aktuell einer geregelten Arbeit nach? (bitte nach Land stichpunktartig aufschlüsseln)

7. Wie viele fremdländische Individuen müssen aktuell vom deutschen Steuerzahler finanziell ausgehalten werden? 8. Wie viele Rückführungen von fremdländisch Geduldeten gab es im Vergangenen Jahr?

8.1 Halten Sie die Anzahl der Rückführungen für genügend?

8.2 Wenn ja, warum?

8.3 Wenn nein, gedenken Sie die Remigrationsbestrebungen zu intensivieren?

9. Halten Sie eine Neuschaffung eines Bundesministeriums für notwendig und erstrebenswert?

9.1 Wenn nein, warum?

10. Sehen Sie im erhöhten Aufkommen von fremdländischen Individuen eine Gefahr für den Verlust der kulturellen Identität?

10.1 Wenn nein, wie erklären Sie sich den Umstand, dass in diversen bundesdeutschen Gebieten die Deutsche Spra- che zu einer Fremdsprache verkommt?

11. Würden Sie die migrationspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung als Versuch einer weit ausgedehnten "Umvolkung" bezeichnen?

11.1 Wenn ja, würden Sie diese Bestrebungen als volkszersetzend beschreiben?

11.2 Wenn nein, wie würden Sie die entsprechenden Maßnahmen bezeichnen?“


2. Der Antragsgegner wies die Anfragen des Antragstellers am selben Tag mit der Begründung zurück, in den Anfragen sei „NS-Vokabular“ benutzt worden. Daraufhin ermahnte der Antragsgegner den Antragsteller unter Androhung rechtlicher Konsequenzen.


B.


Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind unzulässig.


I.


1. Nach § 13 Abs. 1 OGG kann das Oberste Gericht im Streitfall – auch schon vor Anhängigkeit eines Verfahrens zur Hauptsache – einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreitverfahren bedeutet einen erheblichen Eingriff des Bundesverfassungsgerichts in Autonomie und originäre Zuständigkeit anderer Verfassungsorgane. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 OGG ist daher grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 55, 1 <3>; 104, 23 <27>; 108, 34 <41>; 118, 111 <122>; 132, 195 <232 Rn. 86>; 140, 211 <219 Rn. 13>; 140, 225 <226 f. Rn. 7>). Der Erlass kann allein der vorläufigen Sicherung des strittigen organschaftlichen Rechts der Antragsteller dienen, damit es nicht im Zeitraum bis zur Entscheidung der Hauptsache durch Schaffung vollendeter Tatsachen überspielt wird (vgl. BVerfGE 89, 38 <44>; 108, 34 <41>; 118, 111 <122>). Bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die in der Hauptsache begehrte Feststellung oder der in der Hauptsache gestellte Antrag erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 89, 38 <43 f.>; 103, 41 <42>; 118, 111 <122>; 140, 225 <226 Rn. 7>; stRspr). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen abwägen, die eintreten würden, wenn einerseits eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag in der Hauptsache aber Erfolg hätte, und andererseits die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Antrag in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 105, 365 <371>; 106, 351 <355>; 108, 238 <246>; 125, 385 <393>; 126, 158 <168>; 129, 284 <298>; 132, 195 <232 f. Rn. 87>; stRspr).

2. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist regelmäßig unzulässig, wenn das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Rechtsfolge im Hauptsacheverfahren nicht bewirken könnte (vgl. BVerfGE 7, 99 <105>; 14, 192 <193>; 16, 220 <226>; BVerfGK 1, 32 <39>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2011 - 1 BvQ 44/11 -, Rn. 1; Barczak, in: ders., BVerfGG, 2018, § 32 Rn. 37; Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 32 Rn. 31). Demgemäß kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreit, welche die die Verpflichtung des Antragsgegners zu einem bestimmten Verhalten zum Gegenstand hat, grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 151, 58 Rn. 13).

(a) Bei dem Organstreit handelt es sich um eine kontradiktorische Parteistreitigkeit (vgl. BVerfGE 126, 55 <67>; 138, 256 <258 f. Rn. 4>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Dezember 2018 - 2 BvE 1/18 -, Rn. 18); er dient maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen in einem Verfassungsrechtsverhältnis, nicht hingegen der Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Organhandelns (vgl. BVerfGE 104, 151 <193 f.>; 118, 244 <257>; 126, 55 <67 f.>; 140, 1 <21 Rn. 58>; 143, 111 <188 Rn. 29>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Dezember 2018 - 2 BvE 1/18 -, Rn. 18). Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG stellt das Bundesverfassungsgericht im Organstreit lediglich fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt. Es obliegt sodann dem jeweiligen Staatsorgan selbst, einen festgestellten verfassungswidrigen Zustand zu beenden (vgl. BVerfGE 85, 264 <326>). Kassatorische oder rechtsgestaltende Wirkung kommt der Entscheidung im Organstreit nicht zu (vgl. BVerfGE 136, 277 <301 Rn. 64>; 138, 125 <131 Rn. 19>; Barczak). Insbesondere ist für eine über die Feststellung einer Verletzung der Rechte des Antragstellers hinausgehende Verpflichtung des Antragsgegners zu einem bestimmten Verhalten im Organstreit grundsätzlich kein Raum (vgl. BVerfGE 124, 161 <188>; 136, 277 <301 Rn. 64>; Barczak, in: ders., BVerfGG, 2018, § 67 Rn. 4; Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 67 Rn. 4).

(b) Dient der Organstreit damit allein der Klärung der Rechte der Staatsorgane im Verhältnis zueinander und nicht einer allgemeinen Verfassungsaufsicht, ist dies bei der Bestimmung des zulässigen Inhalts eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreitverfahren zu beachten. Gegenstand eines solchen Antrags kann allein die vorläufige Sicherung des streitigen organschaftlichen Rechts des Antragstellers sein, damit es nicht im Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch die Schaffung vollendeter Tatsachen überspielt wird (vgl. BVerfGE 89, 38 <44>; 96, 223 <229>; 98, 139 <144>; 108, 34 <41>; 118, 111 <122>; 145, 348 <356 f. Rn. 29>).


II.


Nach diesen Maßstäben haben die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg. Sowohl der Haupt- (1.) als auch der Hilfsantrag (2.) sind im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht statthaft, weil sie auf Rechtsfolgen gerichtet sind, die im Organstreitverfahren nicht bewirkt werden können.


1. Mit dem Hauptantrag begehrt der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Anfragen des Antragstellers einzubringen. Der Antrag ist also in der Sache darauf gerichtet, ein Verfassungsorgan zu einer gewissen Handlung zu verpflichten. Für eine derartige Anordnung ist im Organstreit allerdings kein Raum, da eine entsprechende Rechtsfolge im Hauptsacheverfahren nicht bewirkt werden kann. Folglich ist er als unzulässig zu verwerfen.

2. Auch der Hilfsantrag ist nicht zulässig, da darauf abgezielt wird, mittels dieser einstweiligen Anordnung eine rechtsgestaltende Wirkung zu erzielen, die noch weitgehender ist, als es im Hauptsacheantrag vorgesehen ist und weitgehender ist als im Organstreitverfahren überhaupt zulässig ist, da er in der Sache darauf verpflichtet ist, den Antragsgegner zu einer gewissen Handlung zu verpflichten. Da eine solche Rechtsfolge im Hauptsacheverfahren und allgemein im Organstreitverfahren nicht erzielt werden kann, ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen.


C.


Die Richterin Grühn war an der Entscheidungsfindung nicht beteiligt, da sie zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung das Richteramt nicht inne hatte. Aus diesem Grund wirkten an dieser Entscheidung nur die Richter Müller und Baumann mit.


Müller | Baumann


Einzelnachweise